... Dagobert läuft gar nicht!

Perpeto Mobil! 11.04.2020 

… Laufen ist ja im Kern ein klassisches Fluchtverhalten. Selten war es mir das so präsent, wie an diesem Tage. Selten habe ich so gehofft, dass es stimmen würde!

Mangels Alternative liefen wir also wieder in das Gehölz hinein:

 

Rechts Bahnschienen

Links zwar nicht einsehbar, aber doch präsent die Sicherheitskräfte mit MP im Anschlag

Die Polizei, Dein Freund und Helfer! Hoffentlich hatten sie diesen Spruch und ihre Bestimmung so kurz vorm Wochenende nicht vergessen.

 

Wir waren keine 300 m ins Gehölz hineingelaufen, da hörten wir Motorengeräusch von links hinterrücks aus dem Unterholz. Es kam näher, wurde lauter. Ein wenig Vertrauen schöpfte ich, da es sich um das bekannte Motorengeräusch eines BMW-Boxermotors handelte. Moppedfahrer sind in der Regel passable Menschen. Sollte mir just an diesem Tag die Ausnahme begegnen?

Ja es gibt auch geländegängige Moppeds so eines musste es sein. Ab einer gewissen Schwere spricht man dann dennoch eher von Motorrad. Auf solche sprachlichen Feinheiten konnte ich jetzt mal gerade keine große Rücksicht nehmen. Vielmehr fühlte ich in mich hinein, um aus der wahrgenommenen Schwere meiner Beine und dem aktuellen Lauftempo noch eine Gleichung für die mögliche Länge des noch zu bewältigenden Fluchtweges zu ermitteln, bevor mich ggf. die Gummikuh erlegen würde. Ich spürte nicht unbedingt limes gen unendlich…

 

Mittlerweile war das Motorrad so nah, dass wir es wagten oder wagen mussten ein Blick nach schräg hinten links zu wagen. Immerhin offenes Visier - fairer Kampf? Das durch die Offenheit des Helmes erkennbare Gesicht war von der Güte, dass man besser nur Zuwinken und freundlich lächeln mag, bevor die im Gesicht beheimatete Finsternis – von einer dunklen Sonnenbrille und einem Dreieinhalbtagebart verstärkt - in unkontrollierte Bösartigkeit und Grobheit entlud. Instinktiv waren wir stehen geblieben, Flucht offenbar mit ungünstigster Prognose versehen. War es nur ein Vorurteil, dass man solche Unterholzgrößen gewiss suchte?

Die unsererseits erwartete Agression in Gestik, Ton und womöglich Körperlichkeit, blieb zu unserer Überraschung aus. Vermutlich zu bemitleidenswert unsere äußere Erscheinung: Wir waren ja gut trainiert- fürs Laufen! Das hieß 60 Kg bei knapp 180cm Körperhöhe über alles. Da gibt es wahrlich eindrucksvollere Gestalten.

Die vormals recht finsteren Gesichtszüge entspannten sich vielleicht auch deshalb etwas. Doch bevor das Einfluss und prägend für die Gesamtsituation werden konnte, stieß der Moppedfahrer die Frage aus: „Habt ihr einen Mann auf einem Fahrrad mit auffallend roten Händen gesehen?“

Rot - die Farbe des Blutes! Auffallend rot, also viel Blut!!

Die Vorstellung und die Gedanken daran und an alles Weitere ließen in unseren Gesichtern schlagartige Blutarmut einziehen.

 

Nun ward Ihr ja bei dem Lauf vom ersten Meter an dabei. Insofern wird Euch unsere Antwort nicht überraschen, die da lautete, „Nein, haben wir nicht!“ In halber Lautstärke fügten wir noch an: „… wollen wir auch nicht!“ Seine Antwort war recht entspannt (Moppedfahrer eben), „na dann ist gut, dann lauft man weiter“. Wir: „Diesen Weg?“ – „ ja, Alles gut“ Sollen wir noch auf etwas achten? Er: „Nein, Alles gut!“

Da war es wieder das “Alles gut“. Seltsame Floskel. Was war an der Situation schon gut, wir mussten das Training unterbrechen, hatten keine Gesichtsfarbe mehr, unsere in dreizehn Jahren erworbenen Mathematikkenntnisse hatten sich als zu langsam und untauglich herausgestellt, stattdessen sahen wir uns ungeahnt und ungefragt mitten in einer einzigartigen Kriminalgeschichte der Nachkriegszeit involviert.

Das wirklich Gute am Laufen ist ja, man kann nahezu jederzeit damit anfangen – auch in dramatischen Situationen. Das taten wir dann auch.

 

Doch keinen Kilometer weiter, wir hatten das jüngst erlebte bei weitem noch nicht sortiert. Da wurden wir schon wieder von einem Fahrzeug verfolgt und eingeholt.

 

Diesmal vierrädrig - und irgendwie deutlich aggressiver - nicht nur in der Vorstellung. Diese fiel auch gleich mal komplett aus. Es war ein Opel Corsa, Farbe blau. Doch Langeweile strömte aus dem geöffneten Fenster nicht:

Stattdessen wurden wir gleich mit einigen unwirschen Fragen angebellt, wie wir hier her kämen, ob wir das Codewort wüssten, was wir hier täten und wie es denn überhaupt sein könne?

 

Das war harter Tobak: Besonders die Frage wie wir hier her kämen, ließ uns in der Antwort kurz aber bestimmt sein: Wir entgegneten: „…zu Fuß!“

Die generelle Situation war jedoch nicht dazu angetan, auf Frage drei mit einem schlichten aber naheliegenden „Laufen und jetzt stehen“ zu antworten. Auch war die Atmosphäre nicht von der Weltoffenheit geprägt, dass wir mit dieser unverhofften Bekanntschaft über das Sein oder Nichtsein des Lebens uns austauschen wollten. Corsa-Fahrer schienen offenbar mit nicht unwesentlichen Terrier-Attitüden ausgestattet zu sein. Und es ist gemeinhin bekannt, dass Terrier einerseits und Läuferinnen bzw. Läufer andererseits selten eine harmonische Symbiose bilden…

 

Also entschieden wir uns kurzfristig im Sinne einer Deeskalation, auf ehrliche und prägnante Antworten zu verzichten. Wir zeigten uns ahnungslos, insbesondere in Hinblick auf sein exkrementartiges Wort. Wir zeigten uns untertänig und schuldbewusst, dass wir unser bedauernswertes Dasein gerade zu dieser Minute, an dieser Stelle in seinem Angesicht fristeten. Womöglich atmeten wir noch die für ihn vorgesehene Luft weg. Unser Verhalten verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht. Er ließ murrend von uns ab, wir konnten weiter trotten und er an seiner Hauptrolle in dem Kriminalstück arbeiten.

 

Weitere gewollte, ungewollte oder motorisierte Bekanntschaften machten wir an dem Tag nicht, meine Laufrunde ging ohne nennenswerte Ereignisse zu Ende.

Ich war sehr froh, dass dieser Lauf keinerlei finalen Charakter annahm. Nein, weder das Schicksal, noch Dagobert und schon gar keine Terrier wollte ich an dem Tag erneute herausfordern. Anders als mein Kumpel Steffen. Er beließ es nicht bei bei dem direkten Weg aus dem Wald, sondern lief noch weiter. Vielleicht war das der Unterschied zwischen uns: Schließlich konnte er 10 Km deutlich unter 30 min laufen und ich nur etwas darüber.

Zwei weitere Erkenntnisse erwarb ich noch während dieses Trainings: Hätte es seinerzeit schon Handys und Smartphones gegeben, hätten ich nicht im Auto sitzend auf die nächsten Nachrichten im Radio warten müssen, um zu erfahren, dass wir inmitten einer missglückten Geldübergabe des Karstadt und KaDeWe- Erpressers Dagobert geraten waren. Vielleicht hätte es sogar das Codewort ausgespuckt.

 

Und die für diese Geschichte am bedeutsamste:

Dagobert lief gar nicht – er fuhr Rad!

Genug für heute.

 

Morgen läuft es weiter – mit oder ohne Dagobert!

Euer Perpeto.Mobi!

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